Röm.-kath. Pfarre Maria Namen

Die Pfarrkirche Maria Namen

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Das größte Wirtshaus im Hl. Römischen Reich entsteht

Nach der Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1683 lagen viele Häuser der Stadt, der Vorstädte und der Vororte in Schutt und Asche. Der vollständige Wiederaufbau lag in weiter Ferne, die Wohnungsnot war riesengroß.

Das Gebiet des heutigen Ottakring unterstand bis 1848 dem Stift Klosterneuburg. Sein Probst Christoph II Mattthäi erkannte die Notlage der Menschen und nahm sich der Wohnungssuchenden an. Er ließ den Westrand des alten Lerchenfeldes parzellieren und bot die Bauplätze zu günstigen Bedingungen zum Kaufe an. Es war die erste soziale Wohnbauaktion. Um den Siedlern auch eine Verdienstmöglichkeit zu geben, gewährte das Stift vielen von ihnen die Schankgerechtigkeit (das Recht, Wein auszuschenken). So wurde das Dorf (als Gemeinde bestand es offiziell seit 1703) zum "Größten Wirtshaus des Heiligen Römischen Reiches". Bis zu 20.000 Menschen sollen dort an Sonn- und Feiertagen ihr Vergnügen gefunden haben. Dieses Eldorado zog natürlich viele Arme an, die alle hofften, dass auch für sie etwas abfallen werde. Sie wurden meist enttäuscht. So wurde Neulerchenfeld auch zum Armenhaus Wiens, wie es der Ottakringer Pfarrer Johann Luter nannte. Der Zustrom fremder Leute riss trotzdem nicht ab, die Wohnungsnot wurde immer drückender, das Bettlertum himmelschreiender.

Die Gemeinde platzt aus allen Nähten

Erst als die Gemeinde Neulerchenfeld unter ihrem Bürgermeister Johann Haberl 1873 von ihrer Nachbargemeinde Fünfhaus freies Bauland zwischen der heutigen Thaliastraße und der Gablenzgasse kaufen konnte, entspannte sich die Notlage. Trotz der einsetzenden regen Bautätigkeit blieben Wohnungen Mangelware. Neulerchenfeld war eben überbevölkert. Auf 0,6 Quadratkilometer lebten 45.000 Menschen (zum Vergleich: St. Pölten hat 43.000 Einwohner), das entspricht einer Dichte von 75.000! Diese Überbevölkerung und ihre Struktur war nicht nur für die Gemeinde eine übergroße Belastung, sondern auch für die Pfarre von Neulerchenfeld.

Nach Angabe des Wiener Diözesanarchivs gehörten 1927 43.618 Menschen der Pfarre Neulerchenfeld an. Sie umfasste das Gebiet Ottakringer Straße - Lindauergasse, Habichergasse - Herbststraße - Lerchenfelder Gürtel, Neumayrgasse - Gablenzgasse, Thaliastraße - Brunnengasse, Gaullachergasse - Hubergasse. Ohne Zweifel ein sehr großes, ausgedehntes Arbeitsfeld. Verständlich, dass Josef Schmid, der damals dem schon sehr alten Pfarrer GR Franz Xaver Lindner als Pfarrspiritualprovisor zur Seite stand, immer wieder versuchte, eine Teilung des Gebietes zu erreichen. Ein günstig gelegener Bauplatz für die Errichtung eines zweiten Pfarrzentrums wäre vorhanden gewesen: der 2.584 m² große Holzlagerplatz an der Ecke Hasnerstraße - Hippgasse. Leider fehlte damals das notwendige Geld, ihn zu kaufen.

Ein neues Pfarrzentrum entsteht

In dieser Zeit (1929) lernte der Vorarlberger Priester aus Lochau, Dr. Josef Gorbach, bei seinen Wien-Aufenthalten die Schwierigkeiten der Wiener Seelsorge kennen. Unter diesem Eindruck schrieb er auf der Heimfahrt am 30. April 1929 in sein Brevier: "Diesmal hab ich so tief hineingeschaut in die Öde und Freudearmut der großen Massen der gottabgewandten Kreise des Volkes... Ein halbes Dutzend Gottessiedlungen, das soll meine Dankesgabe an Gott (für seine Gesundheit und gute finanzielle Lage) sein." Die gute finanzielle Lage ergab sich aus dem Reinertrag des seinerzeit vielgelesenen "Zweigroschenblattes", das bis zu einer Viertelmillion Abnehmer fand und das von Dr. Josef Gorbach herausgegeben wurde.
Über den damaligen Kanonikus Josef Wagner wurde Gorbach mit seinem Vorhaben an Josef Schmid verwiesen. Es kam zu Zusammenkünften, Besprechungen und schließlich zu Kontaktaufnahmen mit den Eigentümerinnen des oben angeführten Holzlagerplatzes, den Schwestern Berta und Hedwig Nowak in Mödling. Nach schwierigen Verhandlungen konnte der Presse-Apostolatsverein Feldkirch, dem Dr. Gorbach vorstand, das Anwesen am 28. Juni 1930 um 114.000 Schilling erwerben.

Eine Notgottesdienststätte entsteht

Zum geplanten Kirchenbau kam es allerdings nicht, obwohl der Innsbrucker Architekt Hans Feszler den Bauplan (zweite Fassung) schon ausgearbeitet hatte, mit dem Dr. Gorbach einverstanden war. Die Verzögerung der Plan- und Baugenehmigungen sowie die Weltwirtschaftskrise jener Zeit machten den Bau unmöglich. Dr. Gorbach fand eine Notlösung: die Errichtung einer kleinen Gottessiedlung, der zweiten in Wien, zu der später noch 26 (!) kommen sollten. Zimmermeister Ignaz Köck baute 1932/33 mit Heraklithplatten die größere der schon vorhandenen Holzhütten zu einer Holzkirche für 600 Personen und die Platzmeisterhütte zu einer Priesterwohnung aus. Am 12. September 1933, dem letzten Tag des Allgemeinen Deutschen Katholikentages (7. bis 12. September) wurde die Gottessiedlung "Maria Namen" vom apostolischen Administrator für Tirol und Vorarlberg, Bischof Dr. Sigismund Waitz, feierlich eingeweiht.
Für die Altarwand konnte Dr. Gorbach jenes übergroße Kruzifix erwerben (Korpus 3 m), das während des Katholikentages von seinem Schöpfer, dem Tiroler Holzschnitzer Peter Sellemond (1884 bis 1942), und einer Tiroler Trachtengruppe den Feierlichkeiten vorangetragen wurde. Es war wohl das Eindrucksvollste in der bescheidenen Kirche. Wer die Fatima-Marienstatue spendete, ist bis heute ungeklärt.

Die eigenständige Pfarre Maria Namen entsteht

Diese provisorische Seelsorgestation unterstand bis zu ihrer Pfarrerhebung am 1. Jänner 1939 der Pfarre Neulerchenfeld und wurde von Rektoren geführt. Der erste war Dr. Josef Gorbach selbst, ab 6. März 1935 Alfons Feger und ab 6. September 1936 Dr. Gebhard Müller, der 1939 Pfarrverweser wurde und Landeskurat der Wiener Pfadfinder war und den der Diözesanbischof am 27. Juni 1946 zum ersten Pfarrer ernannte. Am 1. November 1968 resignierte der Pfarrer von Neulerchenfeld, August Neudecker, worauf Dr. Gebhard Müller auf Bitten des damaligen Generalvikars sich um die Pfarre Neulerchenfeld bewarb und vom Diözesanbischof am 1. Jänner 1969 mit der vakanten Pfarre betraut wurde.

Die Pfarre Maria Namen leitete ab 15. März 1969 Rudolf Hanzl.

Ein neues Gotteshaus wird gebaut

Schon lange reichten die inzwischen notwendig gewordenen Zu- und Umbauten für eine gedeihliche Seelsorge nicht aus. Der Wunsch nach einem Neubau wurde immer dringlicher. Mit der Installierung Rudolf Hanzls intensivierten sich die schon laufenden Verhandlungen, ja sie kamen zum Abschluss: Die Finanzkammer der Erzdiözese Wien übernahm 90% der 45 Millionen S Baukosten, die restlichen 10%, 4,5 Millionen S, die Pfarre Maria Namen. Die Baupläne hatte Dipl.-Ing. Otto Nobis in Zusammenarbeit mit Pfarrer Rudolf Hanzl ausgearbeitet. So konnte im September 1972 die Firma Hofmann & Maculan mit dem Aushub der Baugrube beginnen.
Der Grundstein wurde am 15. September 1973 geweiht. In den Tagen vor der Kirchenweihe wurde in die Hauptkirche das Kruzifix Sellemonds übertragen, in die Wochentagskapelle die Fatimastatue.
Die Weihe der Kirche nahm am 12. Oktober 1974, im Rahmen des Österreichischen Katholikentages 1974, Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym vor, wobei Pfarrer Gottfried Pichler (Installierung 1. Dezember 1972) die Begrüßung und den Dank an die ausführenden Firmen sprach.

Die Innenausstattung wird geliefert

Dank der Spendenfreudigkeit vieler Pfarrangehöriger konnte das neue Gotteshaus bzw. Pfarrzentrum allmählich auch innen weiter ausgestattet werden. So erhielt noch 1974 auch die Hauptkirche eine Marienstatue, geschnitzt von Johann Langthaler aus Pierbach im Mühlviertel. Im gleichen Jahr konnte die Kirchenheizung (Ölheizung) sowie die elektronische Orgel eingebaut werden. 1975 wurden die beiden Durchgänge von der Wochentagskapelle in die Hauptkirche mit ornamental gearbeiteten Schmiedeeisentüren abgeschlossen. Der freistehende Tabernakel aus dem Jahre 1976 ist ein Werk Kodyms aus Eggendorf bei Wiener Neustadt, die goldemaillierten Tabernakeltüren sind eine Diplomarbeit von Edda Raymann von der Hochschule für angewandte Kunst. Sie zeigen die Sonne mit der Taube, als Symbol des Geistes Gottes, der von hier aus auf die Gemeinde kommen soll.

Das große seitliche Glasfenster ersetzte Prof. Carl Unger 1978 durch eine Komposition farbiger Gläser. Neben der Ausgestaltung der Kirche erhielten die Pfarrräume sehr bald die notwendigen Einrichtungen, so dass sie schon im Februar 1975 bezogen werden konnten. Im Sommer des gleichen Jahres wurde die alte Holzkirche abgetragen.
Der unverbaute steinige Platz neben der Kirche (Hippgasse 27) wurde zu einem Kinderspielplatz umgestaltet.

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